Seit 1998 arbeiten die beiden Künstler Pete Clarke (Liverpool) und Georg Gartz (Köln) gemeinsam an dem Projekt ,Chatting with Colours‘ – einem Dialog künstlerischer Zusammenarbeit. Seit Sommer 2007 sind sie auf den Spuren von William Turner den Rhein hinaufgezogen und haben bekannte ,Turnermotive‘ aufgegriffen. Im Spätsommer 2015 waren sie dann für zwei Monate als ‚Artists in Residence‘ im Künstlerbahnhof Ebernburg (Bad Kreuznach).
siehe dazu 2015 Künstlerbahnhof Ebernburg
Pete Clarke/ Georg Gartz: CHATTING WITH COLOURS
Bryan Biggs , Bluecoat Gallery, Liverpool 2001
(Übersetzung: Till Busse)
Die malerische Zusammenarbeit zwischen Pete Clark und Georg Gartz reflektiert auf vielfältige Weise das Umfeld, aus dem ihr Projekt erwuchs. Zwei Künstler aus zwei Städten, Liverpool und Köln, trafen sich bei den Planungen zu einem Projekt: „Eight Days a Week“. Dieses Festival der Kunst und Kultur von Merseyside, das in Liverpools Deutscher Partnerstadt Köln 1998 stattfand, war die am breitesten gefächerte Äußerung einer partnerschaftlichen Beziehung, die bis 1952 zurückreicht. Während des vergangenen halben Jahrhunderts haben beide Städte tiefe Wandlungen erfahren müssen: Köln wurde in der Nachkriegszeit wieder aufgebaut, erlebte Wohlstand und Entwicklung als ein wichtiges regionales Zentrum; Liverpool sah eine explosionsartige Entwicklung der Pop Musik, doch auch wirtschaftlichen Niedergang und zuletzt eine gewisse Wiedererholung. Beide Städte werden also durch ihre besondere kulturelle Eigenart geprägt, die sich im Laufe der Zeit entwickelt hat. Und gerade so wie die Wandlung am jeweiligen Ort unterschiedliche Formen annahm, sind auch die beiden Künstlerpersönlichkeiten sehr unterschiedlich – wenigstens oberflächlich betrachtet. Clarke, der kritische Stadtmensch, der mit der Wiedergabe der urbanen Realität spielt; Gartz, der lyrisch abstrakte, dessen Annäherung an die Farbe und Form sich sowohl in der konventionellen Malerei als auch in Installationen vollzieht. Und doch, wie die Flüsse – Lebensadern in der Geschichte Kölns und auch Liverpools – haben die beiden Künstler in der Malerei einen gemeinsamen Weg gefunden, eine Disziplin, die sie zusammengeführt hat.
Tatsächlich geht diese bemerkenswert fruchtbare Zusammenarbeit auf die Topographien der jeweiligen Heimatstädte zurück. Seit Dezember 1998 haben sie sich die Zeit genommen, jeweils das Atelier des anderen zu besuchen und an denselben Leinwänden zu arbeiten. Dies ist ein intensiver Vorgang, der mit einer offensichtlichen Anspielung beginnt, einem erkennbaren Symbol, vielleicht der Form einer der Kathedralen in der jeweiligen Stadt oder dem Fluß. Dann entwickelt sich das Kunstwerk, wenn jeder der Künstler auf die vom anderen hinterlassenen Zeichen reagiert. Durch diesen dialogischen Prozeß ist eine Art von Gemälde entstanden, das uns nicht etwa eine Reihe miteinander verschränkter Eindrücke der Stadtlandschaft anbietet, sondern eine visuelle Meditation über die Stadt, ein Amalgam verschiedener Perspektiven. Die Gemälde werfen Fragen auf – darüber wie wir die Welt vorstellen – und sie fordern Zweifel am Gedanken an eine einzige authentische Sichtweise heraus. Sie befragen zudem die Praxis des Malens an sich durch die Art der gemeinsamen Annäherung – der Prozeß, Farbe auf die Leinwand zu bringen, wird zu einer weitschweifenden Aktion.
Die nächste Parallele zu dieser schöpferischen Zusammenarbeit ist vielleicht im Jazz zu finden: erfahrene Musiker, unabhängige Persönlichkeiten versammeln sich in einer Atmosphäre der Offenheit, bereit zu geben und zu nehmen und antworten einander durch den improvisierten Ausdruck. Und wie die besten Jazzensembles verankern die hier besprochenen Künstler ihre Unternehmung in einer vorgegebenen Struktur, suchen sich ein Sprungbrett, von dem aus neues Terrain erforscht werden kann.
Obwohl dies in der bildenden Kunst keine besondere Neuerung darstellt – man denke z.B. an Warhols berühmte Zusammenarbeit mit Basquiat – ist doch die Partnerschaft zwischen Gartz und Clarke keine exotische Kombination. Stattdessen ist auf dem Grunde ihrer Zusammenarbeit ein authentischer Wunsch spürbar, der Wunsch, ihre eigenen vorgefaßten Urteile und die des Publikums über den Vorgang des künstlerischen Schaffens zu hinterfragen, auf formaler, konzeptueller und kultureller Ebene. Es ist eine Annäherung, die eine Herausforderung und ein Modell darstellt – für die Künstler aus Köln und Liverpool und den fortgesetzten Dialog und Austausch zwischen beiden Städten.